Rede des Fraktionsvorsitzenden zum Haushalt 2025/2026

Thomas Boos
Thomas Boos

Haushaltswochen im RVR: Nicht so wirklich.

In den Fachausschüssen des Ruhrparlaments wollte die Mehrheit gar nicht über die Finanzen reden. Das kritisierte der Vorsitzende des FDP-Fraktion im Ruhrparlament Thomas Boos in der Generaldebatte zur Haushaltsverabschiedung. So sei der Haushalt 2025/26 des RVR entsprechend strategielos und ohne Sparanstrengungen. Aufgabenkritik sei bei der rotschwarzen Mehrheit ein Fremdwort.

 

 

Es gilt das geprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Regionaldirektor, sehr geehrter Herr Vorsitzender, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren im Saal und Gäste im Livestream,

 

wir beraten und beschließen heute aufgrund der im Herbst nächsten Jahres stattfindenden Kommunalwahl einen Doppelhaushalt für die Jahre 2025 und 2026. Das macht einerseits Sinn aufgrund des Zeitpunktes der Wahl, andererseits schafft dieser Haushalt für die neugewählte Verbandsversammlung Fakten, die nach der Wahl aufgrund der neuen Zusammensetzung anders bewertet werden könnten. Dieser Umstand ist durchaus als kritisch zu bewerten.

 

Somit präjudiziert dieser Doppelhaushalt schon politisches Handeln, ohne zu wissen, ob es dafür entsprechende Mehrheiten geben würde. Ein schwieriger Akt und gleichsam eine finanzielle Erblast mit einem Haushalt im Jahre 2026 mit dem größten Volumen an ordentlichen Aufwendungen in der Geschichte dieses Verbandes in Höhe von über 128 Millionen Euro und einem Defizit von über 13 Millionen Euro.

 

Die politischen Mehrheiten in diesem Hause haben die Verdoppelung des Haushaltvolumens in den letzten zehn Jahren nicht nur hingenommen, sondern auch durch zusätzliche Forderungen nach neuen Angeboten, Aufgaben und Beteiligungen geradezu forciert. Eine Aufgabenflut, die dieser Verband kaum mehr bewältigen kann. All das geht weit über die gesetzlichen Verpflichtungen hinaus. Dass der Verband sich eine stetig steigende Fülle von freiwilligen Leistungen und Angeboten zu eigen macht, ist so in der Zukunft nicht mehr hinnehmbar.

 

Die beteiligten Gebietskörperschaften weisen seit Jahren immer wieder auf die teilweise desolaten Haushalte der Kreise Städte und Gemeinden hin und bitten den Verband geradezu um eine "kritische Prüfung" der Leistungen und Angebote. Diese Mahnungen und Bitten bleiben jedoch wirkungslos, obwohl viele von Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, doch kommunalpolitisch sogar hauptamtlich tätig sind.

 

Ein erstaunliches Phänomen.

 

Die FDP-Fraktion hat bereits mehrfach die dringend notwendige Aufgabenkritik auch in Form von ernsthaften Haushaltsberatungen eingefordert.

 

Doch auch das verpufft und in der Tagesordnung stehen dann am Ende hinter jedem Tagesordnungspunkt zum Haushalt nur die Worte "geschoben" und noch schlimmer "keine Vorberatung". Die Abstimmung ist dann häufig nur noch reine Formsache.

 

Ich kann nur hoffen, dass sich das in Zukunft ändern wird und die Mitglieder der Verbandsversammlung sich ihrer finanziellen Verantwortung bewusst sind und sich der notwendigen Aufgabenkritik stellen werden.

 

Der Regionalverband Ruhr muss wieder zu einer sparsamen Haushaltswirtschaft zurückkehren. Noch braucht der Verband keine Erhöhung der Umlage zu beschließen, aber in den nächsten Jahren wird dies zwingend notwendig sein, wenn wir nicht früh genug gegensteuern.

 

Die Realität sieht jedoch anders aus.

 

Der Verband übernimmt weiterhin Aufgaben, die andere staatlich Ebenen erfüllen müssten oder besser in der Verantwortung der Privatwirtschaft aufgehoben wären.

 

Warum beteiligen wir uns mit 75 % an der RuhrFutur gGmbH, wo doch selbst die NRW-Bildungsministerin Frau Feller in unserem Verband für den Zweck der Gesellschaft zweifelsfrei keine Kompetenzen erkennt. Um jedem Vorwurf entgegenzutreten, ja dieses Projekt ist sinnvoll und ja es ist wichtig gerade für unsere Region, um die Bildungssituation zu verbessern. Aber warum bitte durch einen Verband, der diesbezüglich weder über Erfahrung noch ausreichende Kompetenzen verfügt.

 

Und wieder steigen langfristig die Transferleistungen an die vielen Beteiligungen unseres Verbandes - nahezu ein Drittel des Gesamthaushaltes.

 

Das gleiche gilt für die Koordinierungsstelle Digital Health. Auch in diesem Fall ein tolles Projekt, eine Bereicherung für die Region, aber warum bitte als Aufgabe des RVR? Glaubt denn irgendjemand ernsthaft, dass die Gesundheitswirtschaft wirklich auf den RVR gewartet hat? Das Netzwerk MedEcon Ruhr hat auch ohne den RVR bereits über 170 Unternehmen zusammengeführt.

 

Bertolt Brecht, ja, auch ein Liberaler darf Brecht zitieren, hat einmal in seinen Journalen geschrieben: "Ich rate, lieber mehr zu können als man macht, als mehr zu machen als man kann."

 

Man könnte fast den Eindruck gewinnen, dass wir manchmal zu Letzterem neigen.

 

Am Ende findet dann häufig genug weder eine umfassende noch systematische Erfolgskontrolle statt und das Prinzip "was man einmal hat, das kann auch bleiben" greift leider allzu oft. Dies gilt insbesondere für die Standortmarketingkampagne, die bereits Unmengen an Finanzmitteln verschluckt hat. Das ist sehr zu Bedauern.

 

Selbstverständlich macht dieser Verband viele sinnvolle Dinge ohne Zweifel, das wird niemand von uns in Frage stellen, außerdem stünde ich dann auch nicht hier.

 

Wir sind sogar häufig, und das ist wahrlich nicht die Regel in dieser Republik, am Ende einer Meinung in diesem Parlament über Projekte und bei Entscheidungen; warum also tun wir uns so schwer im Rahmen der Haushaltsberatungen, ernsthaft über die Sinnhaftigkeit mancher Aufgabe auch unter finanziellen Aspekten zu diskutieren, und zwar gerade unter Bewertung der fiskalischen Auswirkung. Ich hoffe, dass sich das in Zukunft ändern wird.

 

Für manche von uns ist dies heute vielleicht, freiwillig oder unfreiwillig, die letzte Haushaltsberatung in ihrer politischen Laufbahn, zumindest im Ruhrparlament. Viele ehemalige Mitglieder der Verbandsversammlung wird man dann sicherlich vermissen. Es sind eben immer Menschen, die Politik machen, und hier sind es scheinbar ganz viele gute Menschen. Man kann schon fast ein wenig stolz darauf sein, dass über Partei- und Fraktionsgrenzen hinaus der persönliche Umgang miteinander in diesem Hause vorbildhaft war für die öffentliche Debattenkultur und es immer noch ist.

 

Dafür muss man sich eigentlich schon fast bedanken vielleicht aber auch rühmen in Anbetracht der berufspolitischen Vorbilder aus allen Parteien für ihr Verhalten in manch öffentlicher Debatte in diesem Lande. Und ja, es hat auch ganz häufig Spaß gemacht.

 

Dies gilt aber auch gleichermaßen für die Zusammenarbeit mit der Verwaltung. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gilt daher ebenfalls unser Dank für die geleistete Arbeit und auch die Offenheit in mancher Frage.

 

Bleibt am Ende nur Ihnen allen eine schöne Weihnachtszeit oder einfach nur einen schönen Jahresausklang zu wünschen, wo immer sie sein werden und mit wem immer sie ihn gemeinsam verbringen.

 

Seien sie achtsam mit sich.

 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.